Salzburg. Die Wirtschaftsgespräche Edmundsburg 2024 thematisierten die Integration von ESG (Environmental, Social und Governance) in Unternehmen. Dabei waren Unternehmen, Big Four, Unis u.a.
Die diesjährigen „Wirtschaftsgespräche Edmundsburg“ fanden am 8. Februar am Salzburger Mönchsberg statt. Gastgeber der Tagung, die das Thema ESG behandelte, waren die Zürcher Kantonalbank Österreich, der Fachbereich Betriebswirtschaftslehre der Uni Salzburg, die Industriellenvereinigung Salzburg, PwC Österreich, der KSV1870 und AON Austria.
„Oberstes Ziel der Kreislaufwirtschaft“
Wirtschaftsminister Martin Kocher nannte bei seinem Vortrag die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch als „oberstes Ziel der Kreislaufwirtschaft“. Das Thema ESG sei „jedoch nicht nur aus dem Nachhaltigkeitsgedanken heraus wichtig“. Kocher begrüßte aktuelle EU-Initiativen, wenngleich er nicht mit allen Details einverstanden sei. Er sprach den Net Zero Industry Act an, wo noch über „CO2-Abscheidung und -Speicherung“ gesprochen werden müsse. Auch der European Chips Act werde eine entscheidende Rolle spielen, um Effizienzsteigerungen zu erzielen.
Peter Unterkofler, Präsident der Industriellenvereinigung Salzburg, begrüßte die ESG-Integration, erklärte aber, dass Unternehmen administrativ nicht überfordert werden dürfen: „Fakt ist, dass die heimische Industrie in allen drei Teilbereichen Environment, Social & Governance bereits heute vorbildlich agiert. ESG als Transparenzinitiative und Wegweiser nachhaltiger Finanzströme ist daher eine Chance für unsere Industrie, privates Kapital zu mobilisieren und Vertrauen zu schaffen. Diese Chance kann sich jedoch nur dann manifestieren, wenn EU-Initiativen wie das Lieferkettengesetz oder die EU-Taxonomie nicht mit einem deutlichen Mehraufwand an Bürokratie für unsere Betriebe einhergehen, welche die industrielle Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes gefährden.“
Personalabteilungen als Schlüssel
Laut Jutta Perfahl-Strilka, Partnerin und Leiterin des Bereichs Workforce Transformation bei PwC Österreich, wird die „Social“-Komponente, das „S“ in ESG, als zu wenig wichtig eingestuft, obwohl diese gemeinsam mit der „Governance“-Komponente alle menschenbezogenen Aspekte umfasst. Human Resources sei „der Schlüssel zur ESG-Integration in Unternehmen“, auch weil Nachhaltigkeit für Arbeitssuchende ein zentraler Faktor sei. Perfahl-Strilka hob die hohe Relevanz der Messbarkeit durch Schlüsselkennzahlen hervor. Generell riet sie Führungskräften, sich mit den European Sustainability Reporting Standards auseinanderzusetzen.
Rocchino Contangelo, Head of Global ESG Integrated Research im Aktienbereich der Zürcher Kantonalbank, identifizierte Stewardship als wesentliche Komponente des Nachhaltigkeitsansatzes, dem bei der Schweizer Bank ein hoher Stellenwert beigemessen werde. Institutionelle Investoren nutzen ihren Einfluss und steigern soziale und ökologische Werte. Einen wichtigen Pfeiler von Stewardship bilden gemäß der Erfahrung der Zürcher Kantonalbank direktes Engagement und Proxy-Voting. Die andere Seite sei die Kapitalallokation, indem Länder bzw. Unternehmen, die etwa ihre CO2-Emissionen nicht reduzieren, nicht mehr berücksichtigt würden. Contangelo erörterte auch die Vorteile der Kollaboration von Finanzinstituten bei der ESG-Verbesserung von Unternehmen, in die diese investiert sind.
CSR schrittweise umsetzen
Univ.-Prof. Simon Oertel, Professor für Strategisches Management und Organisation an der Uni Salzburg, verwies auf die Herausforderung, im Bereich CSR „komplexe und zum Teil widersprüchliche“ Forderungen verschiedener Stakeholder im „Spannungsfeld zwischen sozialer Verantwortung und ökonomischer Logik“ zu befriedigen. Oertel skizzierte, wie CSR schrittweise implementiert werden kann: Der Prozess beginnt demnach mit dem Vorhandensein eines CSR-Budgets und der Schaffung von Strukturen, danach folgen die Messung von CSR und die Aktivierung der Mitarbeiter. Schließlich gipfelt der Fortschritt im Aufzeigen von Synergien zwischen CSR und wirtschaftlichen Zielen und dem Engagement der Führungskräfte für CSR.
Geschäftsführer Richard Vrzal und Projektleiter Nico Kuhn von Social City Wien stellten ihre Kooperation mit der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH vor. Bei der „Sustainable Collection“ gehe es darum, Menschen zu unterstützen, frühzeitig aus einer Verschuldungsspirale zu kommen. Nach einem Kontocheck erfolgt eine Haushaltsrechnung und ein Beratungsgespräch für die Beantragung von Förderungen, Zuschüssen oder der Kontakt zur Schuldnerberatung. Sowohl der KSV1870 wie seine Partner versprechen sich viel davon, die Initiative ist allerdings wie berichtet mancherorts umstritten.
Österreich muss Anwendung von KI trainieren
Genetiker Univ.-Prof. Markus Hengstschläger von der Medizinischen Uni Wien kam abschließend zur Diagnose, dass Österreich ein Innovation Follower ist, der den Zug, selbst KI zu entwickeln, verpasst habe. Es sei jedoch auch gar nicht notwendig, bei der Entwicklung von KI an vorderster Front zu stehen, sondern beim Finden neuer Anwendungsbereiche: „Wir müssen die Anwendung von KI trainieren und auf diesem Weg Lösungen finden, die sonst niemand findet.“ Hengstschläger empfahl, die Lösungsbegabung in der Mitarbeiterführung zu fördern.