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Business, Recht, Steuer

Wer macht künftig die Arbeit der Wirtschaftsprüfer?

Friedrich Spritzey ©Richard Tanzer

Gastkommentar. Friedrich Spritzey, geschäftsführender Gesellschafter der SOT Süd-Ost Treuhand Gruppe, kritisiert die geplanten Änderungen bei der Wirtschaftsprüfer-Ausbildung: Weniger Training kann nicht mehr Qualität ergeben, so sein Argument. 

Spritzey ist Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger sowie Wirtschaftsmediator.

Weniger Ausbildung soll Qualität steigern?

Wer weniger von der Sache versteht und wenig Erfahrung hat, soll in Zukunft leichter Fehler finden. Diese Weisheit hat sich die Kammer der Wirtschaftsprüfer zu eigen gemacht. Dank erfolgreichem Lobbying gibt es nun einen Gesetzesentwurf, der die Berufsgruppen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer trennen soll. Der stufenmäßige Aufbau – zuerst wird man Steuerberater, dann erst kann man sich weiter zum Wirtschaftsprüfer ausbilden – soll fallen.

Argumentiert wird, dass es zu wenig Wirtschaftsprüfer-Nachwuchs gäbe, denn wer tut sich eine so lange Ausbildungszeit von fast 10 Jahren noch an? Es heißt sogar: in der Steuerberatung arbeiten zu müssen sei abschreckend, wenn jemand nur Wirtschaftsprüfer werden will.

Nur was bedeutet eigentlich Wirtschaftsprüfung? Es bedeutet, dass ein Wirtschaftsprüfer den Jahresabschluss eines Unternehmens nach bestem Wissen und Gewissen testiert. Alles muss dokumentiert sein, denn sollte das Unternehmen darauf folgend in Konkurs gehen, wird der Masseverwalter sicher fragen, warum unter dem Aspekt der Fortführung das Testat unterschrieben wurde und warum Fehldarstellungen nicht aufgezeigt wurden.

Wer da nicht lückenlos dokumentiert hat warum man der Meinung war, dass das Unternehmen weiter bestehen kann und welche Prüfungshandlungen gesetzt wurden, kommt schnell in eine Haftung und daran anschließend zu einer Klage wegen Fehlprüfung. Und die kann teuer werden. Dass es rund 2000 eingetragene Wirtschaftsprüfer gibt, davon jedoch wahrscheinlich nur rund 700-800 aktiv sind, hat sichtlich nichts mit der langen Ausbildungspflicht zu tun, sondern mit den Haftungssummen, die sich kleinere Kanzleien oder Einzelkämpfer nicht leisten können. Denn die steigen bei großen Unternehmen schon auf bis zu zwölf Millionen Euro.

Prüfen ohne umfassende Erfahrung und Wissen?

Wie soll jemand, der keine Bilanz erstellen kann, wenig Erfahrung und kein umfassendes Wissen in steuerrechtlichen sowie gesellschaftsrechtlichen Fragen hat, dann die richtigen Fragen stellen?

Die Ausbildung zu überdenken, eventuell etwas zu verkürzen, dagegen spricht gar nichts. Den zukünftigen Wirtschaftsprüfern aber nicht einmal ein Minimum an steuerlicher Ausbildung zukommen zu lassen, wird zu einem geringeren Gehaltsniveau führen. Und Wirtschaftsprüfer die nur mit Checklisten bestückt sind, keine Ahnung haben wie sich eine Bilanz zusammensetzt und einfach nur Kennziffern „abhacken“ müssen, werden wohl in Zukunft auch nicht reichen, um falsch testierte Jahresabschlüsse zu vermeiden.

Die meisten Probleme sind auch jetzt schon dort zu finden, wo Praktikanten die Checklisten abarbeiten und der Wirtschaftsprüfer nur seine Unterschrift darunter setzt. Denn wer keine Erfahrung hat, kann auch keine kniffligen und daher notwendig „lästigen“ Fragen stellen. Wer im Unternehmen kein Standing hat, weil er nur einmal im Jahr zwecks Prüfung vorbeischaut, wird auch keine Informationen erhalten, die aber oftmals ausschlaggebend sind, um die Zukunft eines Unternehmens richtig deuten zu können.

Sobald die ersten Fehlentwicklungen sich manifestieren, werden wir noch weniger Berufsanwärter haben – nur wer macht dann die Arbeit?

Autor Mag. Friedrich Spritzey ist geschäftsführender Gesellschafter der SOT Süd-Ost Treuhand Gruppe.

Link: SOT

 

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